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Sonntag, 1. März 2015

Beweispflicht 1.3: Gibt es in Praxis wirklich eine fehlerfreie IP-Zuordnung?



Ist die Zuordnung von IP-Adressen zu Anschlussinhaber durch den ISP fehlerfrei oder gibt es eine statistisch auf dem 0,95% Konfidenzniveau signifikant fehlerbehaftete Zuordnung?

Hintergrund: Empirisch ist die fehlerfreie Zurodnung von IP-Adresse zu Anschlusssinhabern widerlegt. Dies wurde in zahlreichen Gerichtsurteilen entschieden: LG Stuttgart, Urteil v. 16.07.2007, Az. 17 O 243/07, AG Hamburg Altona, Urteil v. 11.12.2007, Az. 316 C 127/07, LG Frankenthal, Beschluss v. 06.03.2009, Az. 6 O 60/09).

Erfahrungen der Staatsanwaltschaft zeigen, dass Provider bei der Abfrage von IP-Adressen mitteilen, zu dem betreffenden Zeitpunkt sei zu der konkreten IP-Adresse keine Session gefunden worden. Dies könne nur bedeuten, dass unter den zur Anzeige gebrachten angeblichen Taten auch solche waren, die es nicht gegeben habe. Dies habe man nur zufällig bemerkt, weil die angeblich benutzte IP-Adresse zum betreffenden Zeitpunkt überhaupt nicht in Benutzung gewesen sei. Ob und wie oft eine mitgeteilte IP-Adresse zur Tatzeit von einem Unbeteiligten anderweitig genutzt worden sei, lasse sich daher nicht mit Sicherheit sagen.

Derartige Fehlverknüpfungen sind nach Erfahrung der Staatsanwaltschaften kein Einzelfall. Bei einigen Verfahren habe die Quote der definitiv nicht zuzuordnenden IP-Adressen deutlich über 50% aller angezeigten Fälle gelegen. In einem Fall habe die Fehlerquote sogar über 90% betragen. Erklärt werden können solche Zuordnungsprobleme etwa durch Schwierigkeiten bei der Zeitnahme - sowohl beim ermittelnden Unternehmen als auch beim Provider (vgl. LG Köln, Beschluss v. 25.09.2008, Az. 109-1/08).


Praxistipp: Pochen Sie in einem Prozess auf eine eindeutige Beweisführung der Abmahnkanzlei. Diese werden in Prozess nur einen IT-Experten als Zeugen präsentieren, der aber lediglich allgemeine Behauptungen aufstellt. Erforderlich ist aber ein ganz konkret auf ihren Fall bezogenes Gutachten, damit die Zuordnung zweifelsfrei bewiesen ist.

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